Es gibt immer noch Menschen, die meinen, Minijobber oder geringfügig Beschäftigte seien Arbeitnehmer 2. Klasse. Das will ich am Beispiel Urlaub erklären.
Neulich bearbeitete ich eine Akte, die vom Chef genervte Arbeitnehmerin fragte mich um Rat. Der Arbeitgeber hatte den Minijob „gekündigt“, per WhatsApp im Gruppenchat. Die – formunwirksame – Kündigung stand für die Arbeitnehmerin nicht im Vordergrund. Dafür ging es ihr um die Frage, wie es eigentlich mit Urlaubsansprüchen aussieht. Immerhin hatte der Arbeitgeber freiwillig zwar eine Inflationsausgleichsprämie gewährt, über Urlaub hatte er von sich aus aber nie gesprochen.
Eines vorab: Kollegen der Mandantin hatten im „Internet gelesen“, es gäbe keinen Anspruch auf Urlaubsgeld, sofern es nicht vereinbart ist. Das ist ja richtig. Aber: Urlaubsgeld, Urlaubsentgelt, Urlaub und Urlaubsabgeltung sind Begriffe, die man fein säuberlich auseinanderhalten muss. Man kann also – oft geht es ja gut – im Internet lesen oder jemanden fragen, der sich mit so etwas auskennt. Ich jedenfalls machte geltend:
520 €, die ich für die Mandantin nur vom Boden aufheben musste.
Minijobber haben Anspruch auf Urlaub wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Sie sind keine Arbeitnehmer 2. Klasse, lediglich in der Sozialversicherung und bei der Lohnsteuer unterscheidet sich die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis bestand seit Mitte 2021. Ich errechnete aufgrund einer 1-Tage-Woche einen Urlaubsanspruch von acht Tagen, jeder Arbeitstag mit einer Vergütung von rund 65 €. Den Urlaub hatte die Mandantin nie gefordert oder gewährt erhalten. Sie konnte ihn wegen der zu Gunsten des Chefs einmal großzügig unterstellten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen. Daher war er wie bei allen Arbeitnehmern abzugelten, was einen Betrag in Höhe von immerhin 520 € ausmachte.
Ich forderte den Arbeitgeber höflich und mit angemessener Fristsetzung dazu auf, den Abgeltungsbetrag auf Minijob-Basis abzurechnen und an die Mandantin auszuzahlen. Dabei wies ich auf die auf Europarecht zurückgehende Rechtslage hin, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich nicht verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht konkret auf seinen Resturlaub hinweist und vor dem Verfall des Urlaubs warnt, wenn der Urlaub nicht vor Ablauf des Urlaubsjahres in Anspruch genommen wird.
Die Mandantin hatte das Geld zwei Tage vor Fristablauf auf ihrem Konto stehen. Man kann nur hoffen, dass der Chef die anderen Kollegen der Mandantin beim Urlaub nicht wie Arbeitnehmer 2. Klasse behandelt. Denn Minijobber sind keine Arbeitnehmer 2. Klasse.
Sie benötigen Rechtsrat? Den bekommen Sie hier.